Rebsortenentwicklung in Deutschland

So unschön der Klimawandel auch ist – dem deutschen Weinbau bringt er Gutes! So können in Deutschland nun schon seit einigen Jahren auch Rebsorten kultiviert werden, die viel Sonne, Wärme und eine lange Reifeperiode benötigen. So könnte Deutschland in den nächsten Jahren vom „Riesling-Land“ zu einer innovativen und vielseitigen Weinbaunation werden.

85 verschiedene Rebsorten und einige mehr im Versuch werden in Deutschland angebaut. Doch wie ist die Entwicklung? Welche Sorten sind neu in Deutschland, welche haben sich etabliert oder sind gar fast in der Versenkung verschwunden bzw. wurden stark reduziert?

In den vergangenen zwanzig Jahren haben sich bereits diverse französische Rebsorten mit beträchtlichem Erfolg auf ihrer Nordwärts-Wanderung hierzulande etabliert, allen voran Chardonnay (1.496 ha) und Sauvignon blanc  (734 ha), aber auch Merlot (556 ha), Cabernet Sauvignon  (338 ha) sowie Auxerrois  (218 ha). Kurz vor der Jahrhundertwende im Jahr 1998 gab es von diesen Sorten in Deutschland nur Chardonnay und Auxerrois mit zusammen 537 Hektar. Heute sind allein 1.496 Hektar mit Chardonnay bestockt, vorwiegend in Rheinhessen und der Pfalz, dies entspricht der dreifachen Menge von 1998.  

Vorreiter für die Kultivierung der südlichen Rebsorten war immer Baden, denn hier herrschen ähnlich klimatische Verhältnisse wie in Frankreich. Doch durch den Klimawandel haben auch die nördlicheren deutschen Anbaugebiete (Pfalz, Rheinhessen) die Chance genutzt, produzieren hervorragende Weine und übernehmen nun die Vorreiterrolle.

Die nächste Generation der „Invasoren“ ist bereits im Anmarsch. Die aktuelle Rebsortenstatistik zeigt für 2012 bereits konkrete Zahlen für die Sorten Syrah (46 ha), Cabernet franc  (32 ha) und Grüner Veltliner (13 ha). Es wurden aber auch schon eine Reihe von Erzeugern mit Sorten wie Lagrein (aus Südtirol), Tempranillo (aus Spanien), Malbec (aus Argentinien), Petit Verdot (aus dem Bordeaux) und Grenache (von der Rhône) entdeckt. Selbst Zinfandel aus Kalifornien und Südafrikas Pinotage gibt es in deutschen Weinbergen. Bei den  weißen Sorten stehen Viognier, Chenin blanc und Semillon in den Startlöchern. 

Derzeit beträgt der Anteil all dieser neuen Sorten ca. 4,1 Prozent der deutschen Rebfläche. Aber glaubt man den Rebzüchtern und ihren Auftragsbüchern und den Visionen einiger besonders mutiger Winzer wird sich dieser Anteil bis Ende dieses Jahrzehnts auf deutlich über fünf Prozent erhöht haben. Bis 2020 werden es möglicherweise bereits zehn Prozent oder mehr sein mit unterschiedlicher Gewichtung in den einzelnen Anbaugebieten. Eine wesentliche Rolle wird dabei der zögerlichen Liberalisierung der Pflanzrechte ab 2016 zukommen.

Für die hierzulande seit Generationen angebauten klassischen Leitsorten wie Riesling, Silvaner, Spätburgunder gäbe es ausreichend Möglichkeiten in nördlichere Gebiete, in höhere Lagen oder Seitentäler auszuweichen. Dies ergäbe dann auch wieder interessante Weine mit spritziger Frische und vielleicht weniger Alkoholgehalt.

Nicht immer ist für Spitzenweinbau eine Steillage notwendig! In den südlichen Ländern entstehen die besten Weine oft auf flachem Land, z.B. in Bordeaux, Champagne, Australien, Kalifornien und Südafrika.

Die Anbauflächen von älteren und bekannten deutschen Rebsorten wie Müller-Thurgau, Bacchus. Elbling und Kerner wurden in den letzten 20 Jahren um die Hälfte reduziert. Die Huxelrebe-Fläche beträgt nur noch ein Drittel (548 ha), und Morio-Muskat büßte gar 3/4 seiner Rebfläche ein.

Gut ausgebildete junge Winzer, die bei ihren weltweiten Praktika weit über den Tellerrand geblickt haben, gibt es genug. Sie werden die deutsche Weinlandschaft gründlich verändern. Denn der Umgang in den Weinbergen mit neuen Rebsorten und deren Verhalten ist für jeden Winzer hochspannend und eine Herausforderung. Neue Welt – Deutschland ist bereit mit neuen Weinen!

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